Freitag, 17. Juli 2015

Criollo, Forastero oder Trinitario kann man schmecken!

Letzte Woche habe ich eine Sensorikvorlesung an der FH Joanneum, am Bachelorstudiengang „Nachhaltiges Lebensmittelmanagement“ gehalten, quasi als Abschluss vor den Ferien. Eine praktische Übung, die ich dabei mit den Studierenden gemacht habe, hat mich im Ergebnis selbst beeindruckt, daher dieser Bericht!

Die Studierenden bekamen jeweils 7 Stück Schokolade, ohne zu wissen, um welche Schokolade es sich handelt. Jede Schoko war mit einem dreistelligen Code versehen, also z.B. 930, 218, 658. Diese Codierung ist üblich bei sensorischen Tests.

Die Schokoladen hatten alle einen Kakaoanateil von 75%. Sechs der sieben waren vom selben Hersteller - Francois Pralus, seinesgleichen Maitre Chocolatier - ein Meister seines Faches. Die Schokoladen wurden nach der gleichen Rezeptur gemacht und unterschieden sich nur hinsichtlich Kakaobohnensorte und -herkunft. Eine Schokolade stammte von Akessons, einem britischen Bio- und Single Estate-Hersteller von Schokolade.

Meine Auswahl hatte folgenden Hintergrund:

  • Zwei Schokoladen, von je einem Hersteller, war aus Edelkakao Criollo, in beiden Fällen aus Madagaskar. Criollokakao ist mild, hat wenig Bitterstoffe und vergleichsweise wenig Säure, und ist auch weniger adstringierend, also weniger zusammenziehend im Mund.
  • Zwei Schokoladen waren aus Forasterokakao gemacht, wobei die Bohnen aus Sao Tomé und Ghana stammten. Forastero ist der Massenkakao (wobei Francois Pralus auch hier sicher auf Qualität achtete). Forasterobohnen schmecken säuerlicher und bitterer, und sind im Geruch weniger aromatisch.
  • Zwei Schokoladentafeln wurden aus Trinitariokakao gemacht - aus der Dom. Republik und aus Peru. Trinitario ist eine Kreuzung aus Criollo und Forastero.
  • Eine Schokolade aus Ecuador wurde aus Arribakakao gemacht. Dieser Kakao hat einen Sonderstatus, er ist war ein Forasterokakao, gilt aber aufgrund seines blumigen Aromas als Spezialität. 
  • Wer mehr über Criollo, Forastero und Trinitario wissen will, dem lege ich mein Buch „111 Gründe, Schokolade zu lieben“ nahe :-)

Mein Ziel war, zu sehen, welche Schokoladen als ähnlich empfunden werden. Ist es die Sorte? Das Herkunftsland ist insofern nicht zu separieren, also Criollo und Forastero nicht in den gleichen Regionen wachsen.

Um das herauszufinden, bekamen die Studierenden folgende Aufgabenstellung:

„Mit diesem Test soll die relative Ähnlichkeit von Schokoladen untersucht werden. Bitten sortieren Sie alle vorgelegten Proben in Gruppen entsprechend Ihrer Ähnlichkeit:


  • Proben, die ähnlicher sind, kommen in die selbe Gruppe
  • Proben, die sich stärker unterscheiden, kommen in verschiedene Gruppen
  • Jede Gruppe muss aus mindestens 2 Proben bestehen
  • Sie können so viele Gruppen bilden, wie Sie möchten (mindestens aber 2).

Bitte notieren Sie Ihre Gruppen auf diesem Blatt. Vielen Dank!“

Die Methode ist insofern genial, als es nur um empfundene Ähnlichkeit geht, und die Testpersonen daher nicht auf Schokoladeverkostung trainiert werden müssen. Der Datensatz umfasste die Bewertungen von 17 Testpersonen. 

Um die relative Ähnlichkeit über alle Tester hinweg zu eruieren und zu visualisieren, habe ich die statistische Methode der „Multidimensionalen Skalierung“ angewendet, die die Schokoladen in einer zweidimensionalen "Landkarte" darstellt. Das Ergebnis zeigt: 



Die beiden Criolloschokoladen wurden als ähnlichste Schokos bewertet. Der Herstellereffekt war geringer als der Effekt der Bohnensorte! 
Ebenso sind die beiden Forasteros aus Ghana und Sao Tomé Nachbarn, wurden also vergleichsweise ähnlich eingestuft. 
Arriba findet sich sensorisch zwischen den beiden genannten Forasteros und den zwei Trinitarios wider, ist allerdings näher bei den Trinitarios angesiedelt als bei den Forasteros. Das untermauert einmal mehr seinen Sonderstatus.
Trinitario aus Peru und DomRep wurden vergleichsweise wieder als sehr ähnlich bewertet.

Kein einzelner Tester hat diese Gruppierung genauso gemacht, aber das Gruppenergebnis ist extrem stimmig. Nicht umsonst kosten bei professioneller Sensorik immer mehrere Tester!

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