Montag, 2. November 2015

Orangeweine zum Essen

Dieses Thema beschäftigt mich eigentlich schon länger. Bereits vor 2 Jahren habe ich eine Masterarbeit von Carina Gruze betreut, die sich mit Natural Wine als Speisebegleiter zu Gemüse beschäftigt hat. Es folgten ein paar Besuche bei steirischen Weingütern, die Orangeweine produzieren. Und schließlich kam es - vor 1 Woche - zu einer umfangreichen Koch- und Genuss-Session bei meinem Bruder Heinz und meiner Schwägerin Svetlana, mit dem Ziel, herauszufinden ob Orangeweine gute Speisebegleiter zu unterschiedlichen Gerichten sind.

Da gab es auf Weinseite 8 Weine aus Georgien, Slowenien und Österreich:

  • "Erde"(SB + CH, 6-12 Monate auf der Maische), 2011, Weingut Maria und Sepp Muster, Leutschach
  • "Gräfin"(SB, 2-4 Wochen auf der Maische), 2011, Weingut Maria und Sepp Muster, Leutschach
  • Lunar 9 (9 Mondphasen mit der Maische im Barriquefass), 2008, Weingut Movia, Slowenien
  • Kisi (3 Wochen auf Maische), 2012, Pheasant Tears, Georgien
  • Tsolikouri (nur wenige Stunden auf der Maische), 2012, Pheasant Tears, Georgien
  • Rkatsiteli, 2012, Pheasant Tears, Georgien
  • Rebula, 2010, Weingut Klinec, Slowenien
  • SB Urban (3 Wochen auf der Maische), 2008, Weingut Tauss, Leutschach
Zum Essen gab es unter anderem georgische Gerichte, namentlich einen georgischen Salat aus Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Walnüssen und Koriander, außerdem Melanzani mit Walnussfülle und Granatapfelkernen sowie ein mit Bohnen gefülltes georgisches Brot. Der Hintergedanke: wenn man in Georgien gerne maischevergorene Weine trinkt, sollten sie auch zum Essen passen.

Fotos oben: Georgisches Brot mit Bohnenfüllung
Fotos unten: links Thunfisch Tataki, rechts georgische Melanzani mit Walnussfüllung


Wir probierten auch zwei Fischgerichte, in diesem Fall japanisch: scharf gewürzte Thunfisch Tataki sowie selbst gerollte Maki. Scharfe Gewürze sind eine Herausforderung bei der Weinbegleitung, die wir gerne bei maischevergorenen Weinen überprüfen wollten. Man beachte die Maki auf Brettljausenbrett, das ist auch eine Form von Fusionsküche :-)!


Und letztlich - das war meine Aufgabe zu besorgen - acht Käse. Für die Auswahl bin ich in mehrere Geschäfte marschiert, aber eine Käse-Empfehlung für eine Orangeweinverkostung konnte mir niemand machen. Offenbar ist das noch ein Nischenthema. Nur von Epoisses, einem französischen Weichkäse, der mit Marc de Bourgogne gewaschen wird, riet man mir ab.
Was für mich selbst klar war, war dass ich von Kuh, Schaf und Ziege was dabei haben wollte, und dass ich ein großes Spektrum an Texturen und Reifezeiten abdecken wollte. Auf Blauschimmelkäse habe ich für diese Verkostung bewusst verzichtet.


Die Käse-Auswahl war letztlich (1-4 oben, 5-8 unten, jeweils von links nach rechts):
  1. „Brillat Savarin“, ein französischer Weichkäse aus Kuhmilch
  2. „Schwarzes Schaf", ein Schafkäse in Holzasche der Käserei Nuar
  3. Der rumänische „Brânză de burduf“ aus Schafsmilch, der in Tannenrinde reift
  4. „Ziegenpeter“ von der Käserei Pranz, ein Ziegenkäse mit Weißschimmel, der in Weinblättern fertig reift
  5. Vacherin Mont-d’Or Suisse, ein Weichkäse aus Kuhmilch im Fichtenholz
  6. Pecorino di grotta, ein Schafkäse, der - wie der Name sagt - im speziellen Mikroklima einer Grotte reift
  7. Ein klassischer, lange gereifter Gruyère
  8. Red Leicester, ein Kuhmilch-Hartkäse aus England, mit Annato gefärbt

Unser Verkostungsprozedere:
Jeder Wein wurde systematisch zu jedem Essen gekostet, wobei wir die Weine in Form zweier Vierergruppen einschenkten.
Jeder Tester machte sich zuerst sein eigenes Urteil, bevor wir es diskutierten und schauten, ob wir uns einig waren.
Es geht beim Verkosten nichts über Pausen zwischendurch ...


Das Fazit unserer stundenlangen Verkostung (die Reihenfolge der Gläser hier entspricht nicht jener der Flaschen oben):

  1. Orangeweine sind ebenso divers wie Weißweine oder Rotweine. Ergo funktioniert eine allgemeingültige Empfehlung „Orangeweine zu Speise XY“ nicht. Während uns der georgische Wein Tsolikouri an Cider erinnerte, dachten wir beim Wein Erde unisono an Holunderblüten. In der Gräfin empfanden wir den Duft von Pfirsich, und SB Urban hatte eine leichte Honignote in der Nase, was spannend zur Säure des Weines war. Die beiden slowenischen Weine rochen alkoholisch und waren leicht stechend in der Nase. Rkatsiteli roch anfangs ziemlich animalisch und wurde einige Stunden dekantiert. Manche Weine waren ziemlich klar, andere trüb. Ein Wein - Kisi - schmeckte mit jedem Gericht besser als im Alleingang getrunken.
  2. Wir haben aber zu jedem Gericht eine super Kombination gefunden, was bestätigt, dass Orangeweine definitiv als Speisenbegleiter passen. Und zwar auch zu Speisen, die eher als schwer vermittelbar gelten, wie das Tataki, das intensiv gewürzt war. Wir 6 Tester waren uns weitgehend einig, welcher Wein am besten zu welchem Gericht schmeckt.
  3. Zum georgischen Salat mundeten uns Tsolikouri und SB Urban. 
  4. Zum Bohnenbrot schmeckten uns Tsolikouri am besten, aber auch Rkatsiteli und Gräfin.
  5. Das Thunfisch Tataki harmonierte am meisten mit SB Urban oder Rebula.
  6. Die Maki passten besonders zur Gräfin, aber auch zu Lunar 9, Tsolikouri oder - wenn viel Wasabipaste dabei war - auch zu Kisi.
  7. Die gefüllten Melanzani konnten von Tsolikouri, Gräfin, Erde und SB Urban begleitet werden. Die süßlichen Walnüsse gingen aber nicht mit der Säure von Lunar 9 zusammen.
  8. Die Erde war ein toller Käsebegleiter, während Lunar 9 und Rebula zu keinem der Käse schmeckten. 
  9. Brillat Savarin mundete zu 4 der 8 Weine, nämlich Tsolikouri, Gräfin, Erde und SB Urban. 
  10. Das Schwarze Schaf schmeckte uns zu SB Urban, Kisi und Rkatsiteli. 
  11. Der an dritter Stelle verkostete Käse war Vacherin Mont d'Or, bei diesem Käse waren wir uns interessanterweise sehr uneins, welcher Wein am besten dazu passte. Für mich war es Tsolikouri.
  12. Der Ziegenpeter schmeckte noch relativ jung und ging am besten mit Kisi.
  13. Brânză de burduf war super zu Gräfin, Erde, SB Urban und Kisi.
  14. Zum Gruyère punktete vor allem die Erde, aber auch Kisi.
  15. Beim Red Leicester ging Wein Kisi als Gruppensieger hervor, mein persönlicher Favorit dazu war aber wieder die Erde.
  16. Und zum Pecorino di grotta schmeckten Tsolikouri, Erde und Rkatsiteli.

Alle Fotos: (C) Andreas Baierl

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